«Rebellisch-praktische» Ausbildung

Erfolg dank ein bisschen Rebellion: Die Swatch Group erhielt am Dienstagabend, 4. November 2014, in Windisch den nationalen Anerkennungspreis der Hans Huber Stiftung als grösste Berufsbildnerin der Uhrenindustrie und Vorzeigebeispiel. Der Preis ist mit 20‘000 Franken dotiert und wurde an einer gemeinsamen Veranstaltung mit dem Swiss Venture Club verliehen.

Die Preisverleihung stand ganz im Zeichen der dualen Berufsbildung und deren Zusammenspiel mit den Fachhochschulen. Am Bespiel des Preisträgers machte Avenir Suisse Direktor Gerhard Schwarz in der Laudatio deutlich, dass es Querdenker wie Swatch Group Konzernchef Nick Hayek brauchte, um in der Uhrenindustrie nachhaltig erfolgreich zu werden.

«Büezer» im Topkader

Die berufliche Ausbildung der Swatch Group sei aber auch deshalb nutzbringend, weil sie praktisch, vernünftig, kreativ und frei von jedem Statusdenken sei. Dies sei unter anderem Reto Kohli zu verdanken: Der nationale Ausbildungsleiter der Swatch Group erhielt deshalb den «Grossen Preis der Berufsbildung» gemeinsam mit Pierre-André Bühler aus den Händen von Christian Fiechter, Präsident der Hans Huber Stiftung. Bühler ist Chef des Uhrwerkherstellers ETA und Mitglied der Konzernleitung der Swatch Group.  Schwarz bezeichnete Bühler als Beweis dafür, dass auch ein einst einfacher «Büezer» den Sprung ins Topkader schaffen kann.

Preis hilft Sprachbarrieren abzubauen

Es sei wichtig dass alle Bildungswege als gleichwertig betrachtet werden, wie dies die Swatch Group exemplarisch aufzeige, sagte Schwarz. Der Präsident der Hans Huber Stiftung, Christian Fiechter betonte deshalb, dass sich seine Stiftung engagiere, um das Image der beruflichen Grundbildung zu verbessern und gratulierte Bühler  und Kohli zum Preis. Mit dem  Preisgeld sollen Sprachbarrieren bei Lernenden innerhalb der Swatch Group abgebaut werden: Lernende können in Berlin oder Paris in einer fremden Sprachregion einen Intensivkurs besuchen und – zum krönenden Abschluss – an gut frequentierten Orten die Sprache praktisch einsetzen und Uhren verkaufen.

Unglückliche Spannungsfelder

Wirtschaftsprofessor Rolf Dubs betonte in seiner Festrede, die Berufsbildung sei ein Erfolgsfaktor des Schweizerischen Bildungssystems. Allerdings sehe er unglückliche Spannungsfelder. So werde beispielsweise zwischen Berufsbildung und Maturitätsquote eine «blöde Scheindiskussion» geführt. Hochschulen und höhere Berufsbildung müssten gleichgestellt werden: «Prestigekämpfe sind dummes Zeugs.» Es könne nicht sein, dass immer mehr Gymnasiasten in den Fachhochschulen aufgenommen werden: «Die Berufslehre soll in den Fachhochschulen konsequent fortgeführt werden.» Der Übertritt von Fachhochschulen an Universitäten solle erleichtert werden. Es sei ebensowenig sinnvoll, neue Titel nur mit Blick auf europäische Verhältnisse einzuführen.

Gegen Polarisierung

In einer spannenden Podiumsdiskussion unterhielt sich Dubs unter Leitung von Heinrich Christen, Partner bei Ernst & Young, mit dem ehemaligen Preisüberwacher Rudolf Strahm, dem Vorstandsausschuss-Mitglied des Branchenverbands Swissmem Ulf Berg und mit Crispino Bergamaschi, Direktionspräsident der Fachhochschule Nordwestschweiz. Strahm zeigte sich besorgt, dass sich Fachhochschulen «gegen den Willen des Gesetzgebers für das Gymnasium öffnen. Fachhochschulen werden zu Unis zweiter Klasse.» Crispino hielt als gelernter Elektromechaniker das Berufsbildungssystem hoch, mahnte aber auch, dass man überall Personen mit Praxis- und Wissenschaftserfahrung brauche. Es dürfe kein Keil zwischen höhere Berufsbildung und Fachhochschulen geworfen werden. Berg plädierte aus industrieller Sicht dafür, dass in der Schweiz  mehr Praxisorientierung nötig sei. Es sei schade, wenn Eltern ihre Kinder zum Universitätsstudium drängten. Dubs bedauerte: «Ich bin gegen jede Form von Polarisierung. Wir sind leider auf dem Weg dazu.»

 

Laudatio Swatch

 

Bildlegende:
Sie erhielten den «Grossen Preis der Berufsbildung»: Die Swatch Group-Preisträger Pierre-André Bühler und Reto Kohli freuen sich mit Avenir Suisse-Direktor Gerhard Schwarz sowie dem Gründer und dem Präsidenten der Hans Huber Stiftung, Hans Huber und Christian Fiechter (v.l.n.r.).