Kurt Bodenmann

Lehrer, Unternehmensleiter, oberster Berufsbildner und Bildungsberater – Kurt Bodenmann prägt mit seinem Engagement die duale Berufsbildung im Kanton St.Gallen wie kaum ein anderer. Damit war er geradezu prädestiniert, vier Jahre die Hans Huber Stiftung zu präsidieren.

Die Berufsbildungspolitik hat Kurt Bodenmann schon immer fasziniert. Als Leiter des Amtes für Berufsbildung des Kantons St.Gallen hatte er eine grosse Verantwortung zu tragen. Er nahm sie mit unternehmerischer Initiative, sozialem Gewissen und diplomatischem Geschick wahr: „Ich nutzte Ermessensspielräume zusammen mit meinen Mitarbeitenden, und wir suchten nach pragmatischen Gestaltungsmöglichkeiten.“ Sein reicher Erfahrungsschatz als Reallehrer, Berufsschullehrer, Leiter eines kleineren Textilunternehmens sowie als Schulrats- und Bezirksparteipräsident bildeten den idealen Hintergrund dazu: „Die Zeit in der Privatwirtschaft hat mir viel gebracht. Das täte manchem anderen Lehrer auch gut.“

In den 20 Jahren seines Wirkens als oberster Berufsbildner im Kanton St.Gallen war es sein Ziel, eine Breitenwirkung zu erzeugen. Das ist ihm gelungen, wie die Statistiken belegen: St.Gallen avancierte Ende der Neunzigerjahre zum stärksten Kanton, was das Lehrstellenangebot im Verhältnis zur Einwohnerzahl anbelangt. Er blieb seiner Überzeugung stets treu und brachte für gewisse Vorhaben auch die nötige Geduld auf, um politischen Anliegen der Berufsbildung zum Durchbruch zu verhelfen. Als Präsident der Deutschschweizer Konferenz der Berufsbildungsämter konnte er seine Überzeugungen auch auf nationaler Ebene einbringen, wo er sich gegen bürokratische Auflagen und für pragmatische Regelungen einsetzte.

Kurt Bodenmann hat ein grosses Netzwerk aufgebaut, das er auch über seine Pensionierung hinaus gezielt für die duale Berufsbildung einzusetzen weiss.  Eine direkte Folge davon war die Mitarbeit in der Hans Huber Stiftung: Noch im Amt als Berufsbildungschef, erhielt er eine Anfrage von Hans Huber, ob er nicht ein Konzept für eine Stiftung zur Förderung der Berufsbildung entwickeln würde. Nachdem die Stiftung gegründet wurde, wirkte er einige Jahre als Berater im Hintergrund, bis er 2002 das Präsidium der Hans Huber Stiftung übernahm.

Die Hauptaufgabe als Stiftungsratspräsident lag darin, die Ziele der Stiftung umzusetzen, die Beziehungen zu Unternehmen sowie Schlüsselpersonen der Wirtschaft und Politik zu pflegen und ein Auge auf mögliche Preisträger zu werfen. Dabei hatte er eng mit den Erziehungsdepartementen der Ostschweiz sowie den Bildungsministerien Vorarlbergs und des Fürstentums Liechtenstein zusammengearbeitet. Resultat dieser Beziehungen war unter anderem die Lancierung des Internet-Berufswahl-Wettbewerbs „Traumlehre“ für Oberstufenklassen. Dieses weitere Engagement der Hans Huber Stiftung entsprach auch dem Ansinnen Bodenmanns, die Stiftung weiter zu entwickeln und die Resonanz in der Öffentlichkeit zu verstärken. Kurt Bodenmann hat positive Erinnerungen an seine vierjährige Amtsperiode: „Höhepunkt war jedes Jahr der Anlass, an dem die Hans Huber Preise verliehen worden sind.“ Die Zusammenarbeit im Stiftungsrat empfand er als sehr fruchtbar und aktiv, da sich Personen aus verschiedenen Gebieten mit vielfältigen Ideen trafen und sich über aktuelle Themen intensiv austauschten.

Das Netzwerk hat sich weiter entwickelt: An der ersten Preisverleihung der Hans Huber Stiftung nahm auch Wirtschaftskapitän Markus Rauh teil, dem die Berufsbildung ebenso sehr ein Anliegen ist. Bei ihm reifte in der Folge die Überzeugung, dass er sich ebenfalls mit einer Stiftung für das duale Ausbildungssystem engagieren möchte. Was lag näher als ein Gespräch mit Kurt Bodenmann, der prompt ein weiteres Konzept entwickelte, das rasch unter dem Namen „Die Chance“ umgesetzt wurde und in der ganzen Schweiz eine Vorreiterrolle einnahm. Kurt Bodenmann ist langjähriger Geschäftsführer der Stiftung „Die Chance“. Dank individueller Begleitung und Unterstützung ermöglicht sie  Jugendlichen mit wenig Chancen auf eine Lehrstelle, eine Ausbildung nicht nur anzutreten sondern auch erfolgreich abzuschliessen, um sich nachher in die Arbeitswelt zu integrieren. Zudem setzt sich die Stiftung bei Unternehmensleitungen und Ausbildungsverantwortlichen dafür ein, dass für Jugendliche mit weniger guten Startvoraussetzungen Ausbildungsplätze geschaffen werden.

Das Konzept wird nunmehr –  nach einigen Jahren erfolgreicher Umsetzung –  vom Bundesamt für Berufsbildung landesweit aufgegriffen. „Die Chance“ werde ihre Dienstleistungen aber weiterhin bewusst als privatwirtschaftliche Organisation anbieten, sagt Kurt Bodenmann: „Es ist problematisch, wenn insbesondere staatliche Institutionen vermehrt Unterstützungsdienste anbieten, weil dadurch in der Bevölkerung eine zunehmende Anspruchshaltung gefördert wird. Jugendliche, Eltern, aber auch Lehrpersonen gewinnen den Eindruck, die Beratenden hätten selbstverständlich auch für den gewünschten Ausbildungsplatz zu sorgen, auch wenn sie nicht qualifiziert sind und wenn sie sich nicht darum bemühen.“ Sie verlangen deshalb von Jugendlichen, die sich für einen Ausbildungsplatz interessieren, eigenes Engagement und den Willen, eine ihren Fähigkeiten entsprechende Ausbildung zu absolvieren. Die Mitarbeitenden der Stiftung machen laut Bodenmann noch eine weitere Erfahrung: „Zwei Drittel der schwer vermittelbaren Jugendlichen überschätzen sich.“

Mit einem verschmitzten Lächeln kommentiert Kurt Bodenmann die doch bemerkenswerten Stiftungsgründungen am Schluss seiner Tätigkeit als kantonaler „Berufsbildungschef“: „Zu den grössten Highlights eines Amtschefs gehören jene Momente, in denen sich Unternehmer melden und Millionen für die duale Bildung einsetzen wollen.“ Auch wenn er sein eigenes „offizielles“ Engagement je länger je mehr reduziert, verfolgt er die Entwicklung in der dualen Berufsbildung nach wie vor mit grossem Interesse und steht Ausbildungsverantwortlichen, Unternehmensleitern und Politikern auf Wunsch gerne beratend zur Seite. Ihnen rät er für die Zukunft: „Die Berufsbildung muss weiterentwickelt werden um technologischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Veränderungen gerecht zu werden.  Neue Massnahmen müssen jedoch auch von Kleinbetrieben umgesetzt werden können. Sie dürfen diese nicht überfordern, wie das zum Beispiel bei der Kaufmännischen Lehre der Fall war. Neuerungen haben die Berufsbildung zu fördern und nicht zu behindern!“