Vom Diktator zum kooperativen Patron und Lehrlingsvater. So umschreibt Kurt Micheluzzi seine einschneidendste, rasante persönliche Veränderung, die aus seinem Unternehmen einen mehrfach ausgezeichneten Ausbildungs- und Vorzeigebetrieb entstehen liess.
„Heisse Stunden waren das“, sagt Kurt Micheluzzi, als er es gewagt hatte, sich einem Coaching-Prozess zu stellen. In einem Wochenseminar mit der ganzen Firma in seinem Ferienhaus im Bregenzerwald sei er „zur Besinnung gekommen“. Er habe gelernt, mit Mitarbeitenden offen und ehrlich umzugehen: „Wir haben begonnen, alles zu besprechen und gemeinsam nach Lösungen zu suchen. Dank diesem regelmässigen Austausch sind wir unheimlich stark geworden. Die Mitarbeiter sind begeistert, wenn sie Verantwortung tragen dürfen und am Erfolg beteiligt werden.“
Heute darf Micheluzzi auf einen unternehmerisch denkenden Mitarbeiterstab zählen, von dem die meisten die Ausbildung im Unternehmen genossen haben. Das ist unter anderem der sorgfältigen Selektion der Lehrlinge zu verdanken, die Micheluzzi in letzter Zeit immer wieder den Veränderungen im beruflichen Umfeld angepasst hat: „Wir machen bei der Auswahl einen Eignungstest, der auf unseren Betrieb zugeschnitten ist und den wir immer mehr verfeinert und verschärft haben.“ Das sei nötig gewesen, denn noch zu Beginn seiner Geschäftstätigkeit habe er kaum gute Lehrlinge gefunden: „Es herrschte die Meinung, dass Schüler, die sich nicht anstrengen, dann halt noch Maler oder Maurer werden. Das Berufsimage war am Boden und die Leistungen der Mitarbeitenden liessen zu wünschen übrig. So wollte ich nicht weiter machen.“
Den zündenden Gedanken gab ihm sein langjähriger Freund Egon Blum, der die Verantwortung für die Personalführung im Industrieunternehmen Blum hatte. Bei Blum bewarben sich jedes Jahr fast ausschliesslich schulisch starke, interessierte und charakterlich integre Jugendliche um eine Lehrstelle, die später meist auch als Fachkräfte dem Unternehmen dienten. Kurt Micheluzzi fragte sich ernsthaft: „ Was hat der Blum, was ich nicht habe?“ und machte sich an einem Tag der offenen Türe ein Bild über Philosophie, Personalpolitik und Ausbildungsaktivitäten des Konzerns. Er stellte fest, dass er mit seinem Beruf jungen Menschen eigentlich wesentlich mehr bieten könne als sein Vorbild in der Metallbranche. Mit dieser Erkenntnis und Begeisterung begann der Aufschwung in Micheluzzis Lehrlingsarbeit und im Unternehmen überhaupt. Seine Präsentationen des Berufsbildes Maler haben sich seither schlagartig geändert und zeugen von gesundem Berufsstolz, den er auch mit dem selber kreierten Namen „MFB-Techniker“ (Maler, Farbgestalter und Beschichtungstechniker) zum Ausdruck bringt: „Wir haben einen der schönsten und interessantesten Berufe überhaupt. Wir haben in unserem ästhetischen Beruf direkten Kundenkontakt mit viel Abwechslung, bekommen direkte Rückmeldungen, können das Endresultat unserer Arbeiten unter Umständen ein Leben lang sehen und sind erst noch oft an der frischen Luft. Auch Hightech hat bei uns längst Einzug gehalten“, meint er augenzwinkernd, indem er zu einem seiner riesigen Hebekrane für „hohe Herausforderungen“ blickt.
Dieses Selbstverständnis vermittelt er auch angehenden Berufsleuten, „die ich möglichst früh schon in der polytechnischen Schule abholen möchte. Dort ist das Sprungbrett für die Berufsausbildung.“ So scheut er keinen Aufwand und geht mit seinen Ausbildnern ans „Poly“, um dort ganz praktisch aufzuzeigen, „wie mit Farben positive Akzente gesetzt werden können“. Diese Bemühungen hätten sich schlagartig in der Anzahl hervorragender Bewerbungen niedergeschlagen: Micheluzzi kann mittlerweile jährlich aus bis zu 70 Interessenten auswählen. Die Lehrlinge, die Micheluzzi einstellt, sind „Rohdiamanten, die wir schleifen, aber zu Brillanten“. Er ist deshalb nicht bei der Akquisition der Lernenden stehen geblieben. Schnell habe er gemerkt, dass seine Lehrlinge mit begleitendem Werksunterricht noch besser ausgebildet werden können. Deshalb hat er eigens einen Schulungsraum auf seinem Firmengelände eingerichtet, wo die Lehrlinge zusätzlich zum Stoff der Berufsschule in Wirtschafts- und praktischen Fächern gefördert werden.
Die Schulung erfolgt nach einem klar strukturierten Ausbildungsplan. Für jedes Lehrjahr sind die Lernziele klar definiert. Sie drehen sich um Aspekte der Persönlichkeitsbildung und Sozialkompetenz, um organisatorische sowie um praktisch-fachliche Fähigkeiten. Jeder Lehrling muss über den Erreichungsgrad Rechenschaft ablegen. Damit können Fortschritte ermittelt und Lücken gezielt aufgearbeitet werden. Micheluzzi verfolgt seine Ziele ehrgeizig. Diese berufliche Leidenschaft wurde auch in manch einem Lehrling geweckt: Einige haben an den Bundeslehrlingswettbewerben teilgenommen und die ersten Plätze belegt. Vier Mitarbeitende schafften als Landessieger nach hartem Training den Sprung an die Berufsweltmeisterschaften: „Das hat der Firma Schub gegeben.“ Besonders gefreut hat es ihn, dass sein eigener Sohn Christian die Goldmedaille errungen hat. Christian Micheluzzi führt mittlerweile das Geschäft in achter Generation kontinuierlich weiter und bringt zugleich neue Impulse ein. So führt er das Marketingkonzept seines erfolgreichen Vaters fort. Kurt Micheluzzi hat sich beim Start seines Unternehmens für einen komplett grünfarbenen Werbeauftritt sowie den Namen „Der Grüne“ mit dem Slogan „Der Grüne treibt es bunt“ entschieden. Diese seinerzeitige Innovation, die mit dem Staatspreis für vorbildliche Werbung ausgezeichnet worden ist, prägt nach wie vor das Erscheinungsbild. Im ganzen Land ist das Unternehmen als „Der Grüne“ bekannt. Christian Micheluzzi besinnt sich mit dem ergänzenden Konzept „Il verde“ aber auch auf die venezianischen Wurzeln seiner Familie und hat die mittelalterlichen venezianischen Edelputze mit modernem Hightech-Oberflächendesign gepaart. Diese neue Einzigartigkeit steigert nicht nur die Auslandnachfrage nach den „grünen Dienstleistungen“, sondern fordert auch die Auszubildenden und Facharbeiter stark heraus: Micheluzzis schleifen die „Rohdiamanten“ weiterhin mit viel Freude und Engagement – und das Unternehmen auch.